Fotografieren in der Wahlkabine – keine gute Idee

Update (25.05.2019):

Morgen ist Europa-Wahl. Auch dort gibt es eine Regelung für das Fotografieren in der Wahlkabine, nämlich § 49 Abs. 6 S. 1 Nr. 5 lit. a der Europawahlordnung (EuWO):

Der Wahlvorstand hat einen Wähler zurückzuweisen, der 
… für den Wahlvorstand erkennbar in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt hat …

Wird doch fotografiert, tritt die Rechtsfolge aus § 49 Abs. 8 EuWO ein:

Hat der Wähler seinen Stimmzettel verschrieben oder versehentlich unbrauchbar gemacht oder wird der Wähler nach Absatz 6 Nr. 4 bis 6 zurückgewiesen, so ist ihm auf Verlangen ein neuer Stimmzettel auszuhändigen, nachdem er den alten Stimmzettel im Beisein eines Mitglieds des Wahlvorstandes vernichtet hat.

Im Ergebnis also so, wie im „alten“ Blog-Beitrag (siehe unten) für andere Wahlen beschrieben.


Gestern (24.09.2017) wird der ein oder andere Nutzer von Facebook gesehen haben, dass Freunde ihren Wahlzettel in der Wahlkabine fotografiert und gepostet haben. Das sieht dann zum Beispiel so aus:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Doch ist das Fotografieren des Stimmzettels in der Wahlkabine erlaubt?

In „meinem“ Wahllokal wurde darauf hingewiesen, dass Foto- und Filmaufnahmen in der Wahlkabine verboten sind.

 

 

 

 

 

 

 

Woraus ergibt sich dieses Verbot? Aus § 56 Abs. 6 Nr. 5a BWO:

Der Wahlvorstand hat einen Wähler zurückzuweisen, der

[…]

für den Wahlvorstand erkennbar in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt hat […].

Kann man dann gar nicht mehr wählen? Doch, denn § 56 Abs. 8 regelt:

Hat der Wähler seinen Stimmzettel verschrieben oder versehentlich unbrauchbar gemacht oder wird der Wähler nach Absatz 6 Nr. 4 bis 6 zurückgewiesen, so ist ihm auf Verlangen ein neuer Stimmzettel auszuhändigen, nachdem er den alten Stimmzettel im Beisein eines Mitglieds des Wahlvorstandes vernichtet hat.

Nicht unwahrscheinlich, dass § 56 Abs. 6 Nr. 5a BWO mal in einer juristischen Prüfung auftaucht. Dabei könnte beispielsweise die Frage besprochen werden, ob jegliches Fotografieren und Filmen in der Wahlkabine untersagt ist (also auch das Fotografieren des nicht ausgefüllten Stimmzettels) oder nur das Fotografieren des ausgefüllten Stimmzettels. Der Wortlaut von § 56 Abs. 6 Nr. 5a BWO spricht für ein Verbot jeglichen Fotografierens. Ins Zweifeln kommt man aber bei der Lektüre von § 56 Abs. 8 BWO: Warum sollte der Wähler, der einen leeren Stimmzettel gefilmt hat und deswegen zurückgewiesen wurde, nach Vernichtung des alten (im Beispiel: leeren und fotografierten) Stimmzettels einen neuen Stimmzettel erhalten? Da hätte man zusätzlich zur Wortlautinterpretation ein systematisches Argument. Und am Ende kommt natürlich noch die Teleologie ins Spiel. Wenn es der Zweck der Regelung ist, das Wahlgeheimnis zu sichern, würde das Fotografieren eines leeren Stimmzettels (und dessen anschließendes Posten) diesen Zweck nicht beeinträchtigen. Wie man sieht: Reichlich Raum für ein Prüfungsgespräch.

P.S. Und übrigens: Für die Landtagswahl am 15. Oktober in Niedersachsen gilt § 47 Abs. 5 und Abs. 7 der Niedersächsischen Landeswahlordnung. Dort wird für Fotografieren in der Wahlkabine folgendes geregelt:

5) […] 2 Eine wählende Person ist auch zurückzuweisen, wenn sie den Stimmzettel innerhalb der Wahlkabine nicht in einer Weise gefaltet hat, welche die Einhaltung des Wahlgeheimnisses gewährleistet, oder wenn sie für den Wahlvorstand erkennbar in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt hat.

[…]

(7) 1 Hat die wählende Person ihren Stimmzettel verschrieben oder versehentlich unbrauchbar gemacht oder wird sie nach Absatz 5 zurückgewiesen, so ist ihr auf Verlangen ein neuer Stimmzettel auszuhändigen, nachdem sie den alten Stimmzettel im Beisein eines Wahlvorstandsmitgliedes zerrissen hat. 2 Der zerrissene Stimmzettel darf nicht in die Wahlurne gelegt werden.

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