Angebotsrücknahme bei Auktionen: De deux choses l’une?

Boris P. Paal und Lea Katharina Kumkar beschäftigen sich in der JuS 2015, 707ff mit einer Klausur, in der es um rechtliche Probleme rund um Auktionen geht. Die Passage, die ich hier thematisieren möchte, betrifft die Angebotsrücknahme bei Auktionen. Dazu heißt es auf Seite 708:

Gutachterliche Vorüberlegungen

Die Fallprüfung ist zu eröffnen mit der Anspruchsgrundlage des § 433 I, wobei insbesondere zu klären ist, ob und zwischen wem ein Kaufvertrag über das Rennrad zu Stande gekommen ist.

[…]

Sollte man einen Vertragsschluss bejahen, schließt sich die Frage nach der rechtlichen Konstruktion der Angebotsrücknahme an. Der vorzeitige Abbruch der Auktion könnte einen Widerruf darstellen.

In den gutachterlichen Vorüberlegungen werden wir also darauf hingewiesen, dass zunächst ein Vertragsschluss zu prüfen ist. Sollte dieser bejaht werden, sollen wir uns der Frage des Auktionsabbruchs widmen. Für das Verständnis dieser Vorüberlegung muss man noch die folgende Prämisse der Autoren kennen:

Vielmehr kommt der Vertrag nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 145 ff., sprich durch Angebot und Annahme, zu Stande.

Wenn wir die gutachterlichen Vorüberlegungen insoweit betrachten, soll also so geprüft werden:

1. Vertragsschluss durch

a. Angebot

b. Annahme

2. Möglicher Widerruf des Angebots durch Abbruch der Auktion

Gibt es eine Alternative?

Ja, die Autoren präsentieren sie in der anschließenden Fall-Lösung selbst.

Betrachten wir jedoch die Gliederung der Lösung auf Seite 708 so wird uns ein anderer Aufbau vorgeschlagen:

I. Kaufvertrag, § 433 BGB

[….]

2. Angebot des V durch Freischaltung der Angebotsseite, § 145 BGB

a) Bestimmung von Angebot und Annahme beim Vertragsschluss über AuktioNET

[…]

b) Inhaltliche Bestimmtheit des Angebots

c) Zugang der Erklärung bei V, § 130 I 1 BGB

d) Widerruf der Erklärung durch berechtigte Angebotsrücknahme
Problem: Rechtliche Konstruktion der Angebotsrücknahme

aa) Widerrufsvorbehalt

bb) Berechtigung zum Widerruf

3. Annahme des A durch Höchstgebot zum Zeitpunkt der Auktionsbeendigung

[…]

Nach diesem Aufbau prüfen wir also wie folgt:

1. Angebot

2. Möglicher Widerruf des Angebots durch Abbruch der Auktion

3. Annahme

Doppelkopf

 

Dieser Aufbau ist vorzugswürdig: Ein Vertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Wenn man (wie in der gutachterlichen Vorüberlegung) zunächst einen Vertrag bejaht, indem man Angebot und Annahme annimmt, sich dann mit der Frage eines Widerrufs beschäftigt und den Vertrag wieder verneint, erscheint diese Lösungsidee als weniger elegant.

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