„tres faciunt collegium“: Ein simuliertes Prüfungsgespräch zum Vereinsrecht

Es soll ja vorkommen, dass Prüferinnen und Prüfer sich durch die Lektüre der FAZ thematisch für das Prüfungsgespräch inspirieren lassen. Und genau deswegen soll es auch vorkommen, dass Kandidatinnen und Kandidaten im Angesicht der mündlichen Prüfung die FAZ konsultieren.

Als Einstieg in ein FAZ-inspiriertes Prüfungsgespräch, das im Folgenden – ohne Realisierungsgarantie 😉 – simuliert werden soll, bietet sich folgendes Zitat an:

Tres faciunt collegium – erst zu dritt lohnt es sich. In den Digesten – der spätantiken Rechtssammlung – wird als Grundsatz festgehalten, dass mindestens drei Personen nötig sind, um eine Gesellschaft zu bilden. Zwei für sich allein sind für das Handelsgeschäft zu wenig: Es braucht den Dritten, damit der Vertrag Wirkung und Geltung bekommt. 

(Simon Strauss, FAZ, 13.04.2017, S. 11 „Solo für einen Schauspieler: Theater ohne Volk“ [Trotz der folgenden kleinen Nörgelei ist der geistreiche Beitrag sehr zur Lektüre zu empfehlen.])

Prüfer: Sagt Ihnen der Spruch „tres faciunt collegium“ etwas?

Kandidat: Ja. 

Prüfer: Wissen Sie auch, woher der Spruch stammt?

Kandidat: Aus dem römischen Recht. 

[Das reicht als Antwort. Wer es genau wissen will: In Digesten 50.16.85 wird Marcellus dahingehend zitiert, dass Neratius Priscus die Meinung „tres facere collegium“ vertreten habe.]

Prüfer: Wie würden Sie diesen Spruch übersetzen?

Kandidat: Erst mit drei Personen kann man ein Kollegium gründen.

Prüfer: Das ist richtig übersetzt. Aber was ist mit „Kollegium“ gemeint?

Kandidat [durch die FAZ-Lektüre geschult]: Damit ist eine Gesellschaft gemeint, die Handelsgeschäfte treibt.

Prüfer [der auch die FAZ gelesen hat, aber das römische Recht kennt]: Das ist leider nicht richtig, auch wenn es in der FAZ steht. Gemeint ist der Verein. Können Sie sich vorstellen, warum die Römer diese Regel im Vereinsrecht für sinnvoll hielten?

[Beweis: „Die Römer kannten weder den Begriff der juristischen Person, noch die dazugehörigen Theorien. Anerkannt war indes die juristische Person im Sinne einer eigenständigen Rechtsperson. Hierzu zählten neben dem Staat, die Körperschaften (universitates) und Vereine (collegia, sodalitates). Die Vereine spielten in der Antike eine große Rolle. … Aus den Digesten stammt der Satz, dass mindestens drei Personen nötig sind, um einen Verein zu gründen: tres faciunt collegium.“ (Heinrich Honsell, Römisches Recht, 8. Aufl., Berlin/Heidelberg 2015, S. 25)

Kandidat: Wenn man an die nötigen Mehrheitsentscheidungen denkt, sind diese erst ab drei Personen möglich. Es geht also um das Minimum von Mitgliedern für die Vermeidung eines Patts bei Abstimmungen.

Prüfer: Sehr gut gesehen. Sagt das BGB etwas zu der Frage, wie viele Mitglieder für die Eintragung eines Vereins erforderlich sein sollen?

Kandidat [schlägt das BGB auf]: Nach § 56 BGB soll die Eintragung eines Vereins nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt.

Prüfer: Nun noch eine schwierige Frage. „Tres faciunt collegium“ sagten die Römer. Was schreibt das deutsche Vereinsrecht vor, wenn die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei herabsinkt?

Kandidat [schlägt das BGB auf]: Das ist in § 73 BGB geregelt. Das Amtsgericht hat auf Antrag des Vorstand und – wenn der Antrag nicht binnen drei Monaten gestellt wird – von Amts wegen nach Anhörung des Vorstands dem Verein die Rechtsfähigkeit zu entziehen.

Prüfer: Danke. Dann wenden wir uns jetzt einem neuen Thema zu.

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