Bundesverfassungsgericht zum Rundfunkbeitrag: Muss der Gesetzgeber handeln?

Na klar doch, wird jeder sagen. Das Bundesverfassungsgericht erachtet zwar den Rundfunkbeitrag insgesamt für verfassungsgemäß, macht aber eine Ausnahme: Die Pflicht, für die Zweitwohnung einen zusätzlichen Rundfunkbeitrag zahlen zu müssen, hat das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Für die nötige Neuregelung hat es eine Frist bis zum 30.06.2020 gesetzt. Und so folgern zahlreiche Medien, wie z.B. der Spiegel:

Das hat das Bundesverfassungsgericht mit dem am Mittwoch verkündeten Urteil entschieden. Betroffene können ab sofort einen Antrag auf Befreiung vom zweiten Beitrag stellen. Der Gesetzgeber muss bis spätestens Mitte 2020 nachbessern.

Also: „Der Gesetzgeber“ muss nachbessern?

Zugegeben: Es ist nicht leicht, Eilmeldungen zu verfassen. Trotzdem hätte hier eine Lektüre der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zu der Erkenntnis führen können, dass nicht „der“ Gesetzgeber handeln muss, sondern „die“ Landesgesetzgeber:

Für die Regelungen zur Erhebung des Rundfunkbeitrags haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz, da es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um einen Beitrag im finanzverfassungsrechtlichen Sinn handelt, der für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung, die Möglichkeit der Rundfunknutzung, erhoben wird. Die Kompetenz für die Erhebung solcher nichtsteuerlicher Abgaben wird von derjenigen für die jeweilige Sachmaterie – hier der Länderkompetenz für den Rundfunk – umfasst.

(Hervorhebung nicht im Original)

Und weiter:

Eine Neuregelung durch die Gesetzgeber hat spätestens bis zum 30. Juni 2020 zu erfolgen. Ab dem Tag der Verkündung dieses Urteils sind bis zu einer Neuregelung Personen, die Ihrer Rundfunkbeitragspflicht bezüglich der Erstwohnung nachkommen, auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien. Wer bereits Rechtsbehelfe anhängig gemacht hat, über die noch nicht abschließend entschieden ist, kann einen solchen Antrag rückwirkend stellen. Bereits bestandskräftige Festsetzungsbescheide vor der Verkündung dieses Urteils bleiben hingegen unberührt.

(Hervorhebung nicht im Original)

Summa summarum: Nicht „der“ Gesetzgeber muss handeln, sondern „die“ Landesgesetzgeber müssen handeln. Zwischen dem Singular und dem Plural liegen manchmal Welten 😉 

P.S. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass eine Berichterstattung wie die zitierte aus dem Spiegel-Online einen Einstieg in die mündliche Prüfung liefern kann.

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