Europäische Verordnungen leben im Palandt (manchmal) länger

Update (07.06.2019):

Gerade benutze ich den aktuellen Palandt. Da kam mir der Gedanke nachzuprüfen, ob die nicht mehr geltende VO 2790/99/EG dort immer noch – wie schon 2016 (vgl. dazu den seinerzeitigen Blog-Eintrag unten) – weiterlebt.

Und siehe da: die 2016 zitierte Stelle hat alle weiteren Auflagen bis heute überstanden.


Unser heutiges (25.01.2016) Eingangszitat stammt aus der aktuellen 75. Auflage des Palandt und lautet:

Mögl ist auch, dass die sog Bündeltheorie die Anwendg von AEUV 101 (ex EGV 81) rechtfertigt (EuGH DB 91, 744 mAv Thieme = DNotZ 91, 662 mAv Raum; Jehle EuZW 91, 376); dann gilt die VO 2790/99/EG v 22. 12. 99 (ABl L 336/21), die in Art 5 ledigl Laufzeiten von 5 Jahren gestattet.

(Ellenberger, in: Palandt, BGB, 2016, § 138 BGB, Rn. 81)

Der Kommentator bezieht sich also auf die VO 2790/99/EG. Das klingt schon ziemlich alt … .

Also rufen wir über EUR-Lex diese Gruppenfreistellungsverordnung auf. Dort lesen wir in Artikel 13:

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2000 in Kraft.

Sie ist ab dem 1. Juni 2000 anwendbar mit Ausnahme ihres Artikels 12 Absatz 1, der ab dem 1. Januar 2000 anwendbar ist.

Sie gilt bis zum 31. Mai 2010.

Die VO 2790/99/EG ist im Jahre 2016 also nicht mehr in Kraft. Heute wäre die VO Nr. 330/2010 zu zitieren. Der dortige Artikel 10 bestimmt:

Diese Verordnung tritt am 1. Juni 2010 in Kraft.

Sie gilt bis zum 31. Mai 2022.

Dieses Zitat hat dann mutmaßlich ein Mindesthaltbarkeitsdatum bis zur 81. Palandt-Auflage 2022 :-).

Es gab aber auch Autoren, die sich auf eine noch ältere Gruppenfreistellungsverordnung bezogen haben. Es handelt sich dabei um die Verordnung Nr. 1984/83. Hier heißt es in Artikel 19:

Artikel 19

Diese Verordnung tritt am 1. Juli 1983 in Kraft.

Sie gilt bis zum 31. Dezember 1997.

Auf diese Verordnung bezog sich Grüneberg im Palandt bis zur 71. Aufl. 2012:

Ein Orientiergspkt sind auch die in der GruppenfreistellgsVO Nr 1984/83 der EG-Komm v 22. 6. 83 (ABl L 173/5 ff) festgelegten Fristen (BGH aaO lässt offen).

(§ 309 BGB, Rn. 96)

Seit der 72. Aufl. 2013 zitiert Grüneberg (wie Ellenberger Mitglied des XI. Zivilsenats des BGH) die aktuelle Verordnung:

Ein Orientiergspkt sind auch die in der GruppenfreistellgsVO 330/2010/EU der EG-Komm v 20. 4. 10 (ABl L 102/1 ff) festgelegten Fristen (BGH aaO lösst offen).

Aber bis heute (75. Aufl. 2016) spricht Grüneberg von der EG-Komm, also der Kommission der Europäischen Gemeinschaft. Hier wäre richtigerweise von der EU-Komm, also der Kommission der Europäischen Union zu sprechen. Denn so heißt es im Titel der Verordnung:

VERORDNUNG (EU) Nr. 330/2010 DER KOMMISSION

Was können wir als Studierende daraus lernen? Immer dann, wenn wir mit einer Verordnung arbeiten, sollten wir zunächst den zeitlichen Anwendungsbereich prüfen.

P.S. Eben lese ich in der Palandt-Werbung im Beck-Shop:

Die Rechtssicherheit im BGB mit Stand 16.10.2015

oder eben in concreto: 31.05.2010 :-).

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