Prozesskostenhilfe beim Amtsgericht

Birgit Schneider schreibt in der Jura 2014, 323, 330 zum Thema „Prozesskostenhilfe“:

Gem. § 78 I ZPO müssen sich die Parteien bei einem Rechtsstreit vor dem Landgericht oder Oberlandesgericht von einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Amtsgericht sind die Parteien selbst postulationsfähig, können somit alleine wirksam Prozesserklärungen abgeben (sogenannte „Naturpartei“). A kann die Klage deshalb selbst verfassen und beim Amtsgericht Mannheim einreichen.

Nur, weil vor den Amtsgerichten keine Anwaltspficht besteht, heißt das aber nicht, dass A sich nicht trotzdem durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen kann.

Ist ihm dies finanziell nicht möglich, kann er einen Prozesskostenhilfeantrag nach § 117 ZPO stellen. Bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe übernimmt die Staatskasse die Gerichtskosten und die Kosten des Rechtsanwalts des Antragstellers.

Die Voraussetzungen für einen solchen Prozesskostenhilfe-Antrag seien:

Das Amtsgericht wird dem Antrag stattgeben und dem A einen Rechtsanwalt beiordnen, wenn A nach § 115 ZPO bedürftig ist, die beabsichtigte Klage Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist, § 114 ZPO.

Wird das Amtsgericht dem A tatsächlich einen Rechtsanwalt beiordnen, wenn

  • A nach § 115 ZPO bedürftig ist,
  • die beabsichtigte Klage Aussicht auf Erfolg hat
  • und nicht mutwillig ist, § 114 ZPO?

Bevor das Amtsgericht dem A einen Rechtsanwalt beiordnet, muss es noch eine weitere Voraussetzung bejahen. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass vor dem Amtsgericht kein Anwaltszwang besteht. A könnte sich also auch selbst vertreten. Diesen Fall regelt § 121 Abs. 2 ZPO:

Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

Die zusätzlich zu prüfende Voraussetzung ist also, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

Auch wenn in der Praxis diese Voraussetzung eher großzügig gehandhabt wird, sollten wir § 121 Abs. 2 ZPO in einer Klausur zumindest ansprechen und kurz prüfen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert