Erbschaft nach Scheidung im Zugewinnausgleich berücksichtigen?

Heute wollen wir uns noch einmal mit der Klausur von Ntzemou/Oidtmann in der ZJS 2019, 477 ff. beschäftigen. Aus dem Sachverhalt brauchen wir zunächst die folgenden Informationen:

Fiona (F) und Mats (M) schlossen am 20.10.2000 die (wirksame) Ehe im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Diese zerbrach 2007 am Kinderwunsch von F. Seitdem leben F und M voneinander getrennt. Da F mit ihrem neuen Lebenspartner den Bund der Ehe eingehen möchte, reichte sie am 20.6.2008 den Scheidungsantrag beim zuständigen Gericht ein. Die Zustellung des Scheidungsantrags an M erfolgte am 25.6.2008, die rechtskräftige Scheidung am 25.7.2008.

Der Eintritt in den Güterstand iSv § 1374 Abs. 1 BGB (Anfangsvermögen) fand also am 20.10.2000 statt. Endvermögen ist nach § 1375 Abs. 1 S. 1 BGB das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Nach § 1384 BGB tritt für den Fall, dass die Ehe geschieden wird, für die Berechnung des Zugewinns und für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle der Beendigung des Güterstandes der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags. Demnach ist im hiesigen Fall auf den 25.6.2008 abzustellen.

Wenn wir nun weitere Sachverhaltselemente dazu nehmen, so wird es unübersichtlich:

Am Stichtag im Jahr 2008 verfügte M über ein Kontoguthaben i.H.v. 24.000 €, seine Schulden hat er abgebaut. Das Vermögen resultiert aus seiner Erwerbstätigkeit. Weiterhin verfügt er über ein Auto (Wert: 35.000 €) und Aktiendepot (Wert: 9.000 €). Letzteres hat er im Jahr 2012 von seiner Großmutter geerbt. Das geerbte Aktiendepot erweist sich in den folgenden Jahren als „Goldgrube“. Bis zum Stichtag ist der Wert des Aktiendepots bereits um 2.000 € gestiegen.

Worüber wird man hier stolpern?

Am Stichtag im Jahr 2008 – also am 25.6.2008 – soll M über ein Aktiendepot verfügen, das einen Wert von 9.000 Euro hatte. Dieses Aktiendepot soll M im Jahr 2012 von seiner Großmutter geerbt haben. Das passt nicht zusammen. Wenn man etwas im Jahr 2012 im Wege einer Erbschaft erwirbt, dann steht diese Erbschaft im Jahr 2008 noch nicht zur Verfügung. Hinzu tritt, dass F und M im Jahr 2012 bereits geschieden waren, sodass die Erbschaft im Rahmen eines Zugewinnausgleichs auch keine Rolle mehr spielen kann.

Viel spricht dafür, dass hier statt „2012“ gemeint war „2002“. Dann ist es nachvollziehbar, dass der Wert des Depots von 2002 bis 2008 um 2.000 Euro gestiegen ist. Wie man mit einer solchen Situation in einer Klausur umgehen soll, kann man nicht generell sagen. Wahrscheinlich hilft nur eine Rückfrage bei der Aufsicht.

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