Archiv für Mai 2016

Explosive Frage: Widerrufsrecht im Fernabsatz ohne Erwähnung in AGB?

Sogar mit RTL Explosiv kann man das Programm „Forschendes Jura-Lernen im Alltag“ durchführen.

Am 26. April 2016 hat RTL Explosiv bei Facebook ein Video zum Thema „SO <sic> erkennen Sie fragwürdige Online-Shops“ gepostet. Behandelt werden tragische Fälle, in denen statt des erhofften Designerkleids ein nicht den Erwartungen entsprechender „Fummel“ geliefert wird. In dem Bericht heißt es ab Minute 1:03:

Also ich würde mir erstmal durchlesen die AGB’s, hat der ein Widerrufsrecht. Das ist immer sehr gut, dann kann ich Ware zurückschicken ohne jegliche Gründe. Ist dies nicht der Fall, ist das nicht so gut erklärt, zu klein, würde ich die Finger davon lassen, weil da kann’s mir passieren, dass ich die Ware nicht zurückgeben kann.

Ist das wirklich so? Kann ich im Internet bestellte Ware nicht zurückgeben, wenn ich in den AGB’s nicht auf mein Widerrufsrecht hingewiesen werde?

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§ 23 Abs. 1a S. 1 StVO aF / nF: Der Abschied vom „Fahrzeugführer“ und die Folgen

Bis zum 31.03.2013 lautete § 23 Abs. 1a S. 1 StVO folgendermaßen:

Dem Fahrzeugführer ist die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält.

Seitdem heißt es in der Norm:

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss.

Diese Änderung ist noch nicht überall angekommen.

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„Andere Straftat“ iSd § 306b II Nr. 2 StGB?

Heute soll es um die Frage gehen, welche Anforderungen an eine „andere Straftat“ iSd § 306b II Nr. 2 StGB zu stellen sind. Dazu schauen wir uns die Fallbearbeitung von Jonas Hennig in der RÜ 2014, 576ff (578) an:

A könnte sich auch wegen besonders schwerer Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB strafbar gemacht haben. Dies setzt voraus, dass es ihm beim Inbrandsetzen um die Ermöglichung einer anderen Straftat ging.

FeuerZunächst lehnt der Autor ohne weitere Begründung einen Versicherungsmissbrauch, § 265 StGB, als „andere Straftat“ ab. Eine Begründung finden wir beim BGH, Beschluss vom 15.03.2007, 3 StR 454/06:

Dieses Delikt stellt indes schon bei wortsinngerechter Auslegung des § 306b II Nr. 2 Alt. 1 StGB keine von der schweren Brandstiftung (§ 306a I Nr. 1 StGB) abgrenzbare „andere Straftat” dar, die der Angekl. durch die Brandlegung zu ermöglichen trachtete. Der Angekl. hat durch die Brandlegung keine andere Straftat ermöglicht, sondern durch eine Handlung gleichzeitig zwei Straftaten begangen. Durch das Inbrandsetzen des versicherten Gebäudes hat er sowohl den objektiven Tatbestand des § 306a I Nr. 1 StGB als auch denjenigen des § 265 I StGB verwirklicht. Tathandlung und Tatobjekt der schweren Brandstiftung und des Versicherungsmissbrauchs zu Lasten der Gebäudeversicherung […] stimmen deckungsgleich überein; mit der durch die Brandlegung bewirkten Zerstörung des Gebäudes war auch der Versicherungsmissbrauch vollendet. Allein der Umstand, dass der Angekl. auf Grund seiner Tatmotivation durch seine einheitliche Tathandlung nicht nur das Schutzgut des § 306a I Nr. 1 StGB, sondern auch dasjenige des § 265 I StGB angriff, reicht zur Verwirklichung des § 306b II Nr. 2 Alt. 1 StGB nicht aus.

Damit kann man nun begründen, dass ein Versicherungsmissbrauch keine „andere Straftat“ iSd § 306b II Nr. 2 StGB ist.

Im Anschluss daran wendet sich Hennig der Prüfung von § 263 StGB als mögliche „andere Straftat“ zu. Dabei stellt er zunächst eine restriktive Literatur-Ansicht dar:

Nach einer restriktiven Auslegung kommt mit Blick auf den hohen Strafrahmen als „andere Straftat“ nur eine solche infrage, die nach der Tätervorstellung durch die infolge des Brandes geschaffene besondere Tatsituation […] begünstigt werden soll, was bei einem Versicherungsbetrug gerade nicht der Fall sei […].

(RÜ 2014, 576, 578)

Dann folgt die Ansicht der Rechtsprechung:

Vorzugswürdig ist es, mit der Rspr. […] eine solche vom Wortlaut nicht gedeckte Auslegung abzulehnen.

Und schließlich wird begründet, warum die restriktive Ansicht der Literatur nicht überzeugt:

In systematischer Hinsicht lässt sich dafür anführen, dass auch bei § 211 StGB im Rahmen der <_____________> jede andere Straftat ausreicht. Dann kann im Rahmen des § 306b StGB, bei dem die Strafe sogar noch geringer ausfällt, nichts anderes gelten.

Wie ist die im Zitat offen gelassene Lücke auszufüllen? Verdeckungsabsicht oder Ermöglichungsabsicht?

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Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 21 UWG – „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“

Heute geht es mal wieder um eine „Jura im Alltag“ – Beobachtung. Ich habe vor ein paar Tagen bei Rossmann eingekauft. Am Ende meines Kassenzettels befand sich dann folgender Gutschein:

Rossmann-Coupon

 

 

 

 

 

 

 

Das klingt ja erst einmal ganz gut. Wenn ich weitere Artikel kaufe, dann erhalte ich „1x altapharma Brausetabletten (80g/90g)“ gratis. Das wollte ich natürlich ausprobieren. Also: Zweiter Rossmann-Besuch zum Zwecke der empirischen Rechtsforschung. Die Auswahl an altapharma Brausetabletten ist riesig. Es gibt Brausetabletten für 0,49 Euro, aber auch solche für 0,99 Euro, 1,49 Euro und 1,99 Euro. Welche Brausetabletten sind von dem Gutschein erfasst? Aus der Beschreibung auf dem Coupon ergibt sich, dass es entweder 80g oder 90g sein müssen. Ausgeschlossen sind also beispielsweise die „altapharma Brausetabletten Magnesium + Calcium + D3“, denn diese haben ein Gewicht von 92g.

Aber wie wäre es mit den „altapharma Brausetabletten Folsäure + B3 + B12 + Jod„? Sie kosten 0,99 Euro und wiegen 80g. Das müsste also funktionieren. Weit gefehlt … Die Kassiererin teilte mir nach dankenswerten Recherchen mit, dass ich mit diesem Coupon nur Brausetabletten für 0,49 Euro erhalten könnte. Unterstellt einmal, das sei so: Darf man dann mit „1x altapharma Brausetabletten (80g/90g) gratis“ werben?

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