Die Etikettierung von Rindfleisch: Ein Thema für’s Examen?

kuhMuss man damit rechnen, demnächst im Examen mit dem Rindfleischetikettierungsgesetz konfrontiert zu werden?

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 21. September 2016 (2 BvL 1/15) § 10 Abs. 1 und § 10 Abs. 3 dieses Gesetzes für mit Art. 103 Abs. 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 S. 1 sowie Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG unvereinbar und nichtig erklärt.

Die entsprechenden zur Überprüfung stehenden Bestimmungen lauteten:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 zuwiderhandelt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 3 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.

[…]

(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, soweit es zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftat nach Absatz 1 zu ahnden sind.

Ein Kernargument des Bundesverfassungsgerichts bezieht sich darauf, dass § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG auch in Verbindung mit § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes nicht hinreichend klar erkennen lasse, welche Verstöße gegen unionsrechtliche Vorgaben sanktioniert werden sollten. Auf diese Weise bleibe es dem zuständigen Bundesministerium überlassen, durch Rechtsverordnung die Tatbestände zu bezeichnen, die als Straftat nach § 10 Abs. 1 RiFlEtikettG zu ahnden seien. Da mithin der Verordnungsgeber darüber entscheide, welches Verhalten strafbar sein solle, ließen sich die möglichen Fälle der Strafbarkeit nicht schon aufgrund des Gesetzes, sondern erst aufgrund der auf Basis des § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG ergangenen Rindfleischetikettierungs-Strafverordnung voraussehen.

Verletzt sei durch die Regelung in § 10 Abs. 3 RiFlEtikettG zudem Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Denn diese Bestimmung des Rindfleischetikettierungsgesetzes lasse es offen, welchem konkreten Bestand an Normen in europäischen Rechtsakten die entsprechenden Tatbestände zu entnehmen seien.

Nach § 31 Abs. 2 S. 1 BVerfGG hat eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einem konkreten Normenkontrollverfahren (§ 13 Nr. 11 BVerfGG) Gesetzeskraft. Nach Satz 3 dieser Vorschrift ist die Entscheidungsformel im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Dies ist im Bundesgesetzblatt Teil I vom 16. November 2016 (S. 2521) wie folgt geschehen:

bgbl-i-2016-2521

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eigentlich sollten solche Nichtigerklärungen so zeitnah wie möglich in Gesetzestexten nachvollzogen werden. Bei „Gesetze im Internet“ ist das auch durch Aufnahme einer Fußnote geschehen:

%c2%a7-10-rifletikettg-gesetze-im-internet

(Durch Klick auf das Bild erscheint eine vergrößerte Version.)

Bei beck-online (Konsultation am 22.11.2016, 17:40 Uhr) sieht das noch anders aus:

10-rifletikettg

(Durch Klick auf das Bild erscheint eine vergrößerte Version.)

Man sieht: Es ist schwierig, eine Gesetzessammlung immer auf dem aktuellen Stand zu halten.

Update (25.11.2016):

Diesmal ging es mit der Korrektur schnell. So sieht das Suchergebnis jetzt bei beck-online aus:
rindfleischetikettierunsgesetz-update

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